Wenn auch zwei Stunden nach einem
Vortrag die Gespräche und Rückfragen zum Thema nicht abreißen wollen,
muss wohl viel Bedeutendes, Interessantes oder Überraschendes der Inhalt
dieser Ausführungen gewesen sein. Genau dies traf auf Majers Vortrag
über sein „Lebenswerk in Argentinien“ zu.
Der Referent
brachte eine wichtige Voraussetzung mit, als er vor fünfzig Jahren
seinen Einsatz im Auftrag des Rottenburger Bischofs begann: Er trat nie
als Amtsperson auf, sondern als gläubiger Christ und einfühlsamer
Mitmensch. Er ging zu den Menschen in ihre armseligen Behausungen, hatte
keine Berührungsängste. Von Anfang an versuchte er, ihre Not, Armut und
Verelendung zu lindern. Durch Gründung von Genossenschaften erreichte er
z.B., dass die Leute ihre handgefertigten Produkte, vor allem
Webarbeiten, für einen angemessenen Preis verkaufen konnten. Schon
damals und noch heute ist bei uns „sein“ Honig begehrt, erzeugt u.a. in
seiner eigenen Imkerei.
Es war ein weiter, teils sehr
schwieriger Weg für José vom Weltpriester zum Begründer einer
angesehenen, florierenden Ausbildungsstätte, deren Leitung er inzwischen
seinem adoptierten Sohn übergeben konnte. Vor etwa 40 Jahren erwarb José
ein großes, ödes, unfruchtbares Gelände mit salzigem Boden in der Stadt
Fernandez in Nordargentinien. Heute stehen dort von ihm eigenhändig
geplante und errichtete Wohngebäude, Kindertagesstätte, Schule,
verschiedene Werkstätten für die Berufsausbildung, alles umgeben von
hohen Bäumen und weiten Gärten. Zur Süßwasserversorgung bohrte er einen
Tiefbrunnen und errichtete einen Wasserturm. Für die Energiegewinnung
dienen inzwischen selbstgefertigte Solarmodule. Mehrere hundert Stück
davon verkaufte er im Tauschhandel an die Landbevölkerung, die erst
dadurch eine Stromversorgung erhielt. Tierfelle, die von den Leuten als
Abfall weggeworfen wurden, gerbte er in seiner eigenen Gerberei. So
verwirklichte er tüftlerisch und erfinderisch die unterschiedlichsten
Ideen. Eines seiner heutigen Hobbies ist der Gartenbau und das Züchten
junger Bäume, denn nur durch Aufforstung kann man der Wüstenbildung in
diesen Landstrichen entgegen wirken. ---
Diese Aufzählung streift nur ganz
grob, was der Referent den aufmerksamen und erstaunten Zuhörern vortrug
und mittels Bildern veranschaulichte. ((Mehr Infos und zahlreiche Fotos
im Internet: www.Fundación Centro de Capacitación Fernández)
Majer zog das Resumee: Nur weil ich
mich ganz auf die Situation der Menschen eingestellt hatte und einer von
ihnen wurde, konnte ich dies alles erreichen und nur deshalb schätzen,
ja lieben mich dort die Menschen.
Eine schlimme Begebenheit mit
glücklichem Ende wollte José den Untergriesheimern nicht vorenthalten:
Im Rahmen politischer Wirren war er, weil er Deutscher ist, wochenlang
im Gefängnis. Seine überraschende Freilassung verdankte er nur der
Intervention unseres Untergriesheimer Paters Paul Dennninger (gest. 2014
in Buenos Aires) und dessen engen Kontakten zum deutschen Botschafter.
G. Müller, Vors.
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