Bericht vom Dämmerschoppen am 15. März 2012
Wie der 71-jährige Berthold, von Geburt an taub, seinen Lebenslauf schilderte, hat alle Zuhörer fasziniert. Sein ein Jahr älterer und sein 12 Jahre jüngerer Bruder sind ebenfalls taub geboren, während die 11 Jahre jüngere Schwester keine Behinderung hat.
Als der Vater zunächst im Krieg und dann in russischer Gefangenschaft war, musste die Mutter neben einem Schuhgeschäft alleine mit den beiden tauben Buben „fertig“ werden. So kamen sie schon bald in eine Gehörlosenschule. Sehr streng sei man dort mit ihnen umgegangen, aber man habe Mundablesen und Sprechen gelernt, um sich in der hörenden Umwelt zurechtzufinden.
Nach dem Schulabschluss erlernte Berthold den Glasbläserberuf, was ihm aber aus vielerlei Gründen wenig Spaß machte. So wechselte er nach zwei Jahren in eine Metallfirma, wurde dort angelernt und erreichte schließlich in einem harmonierenden Team die Funktion eines leitenden Montagearbeiter. Zusammen mit seiner gehörlosen Ehefrau baute er ein Haus. Der hörende Sohn ist heute Diplomingenieur. Was alle Zuhörer überraschte: Berthold hat mit seiner Frau schon Reisen in zahlreiche Länder fast aller Kontinente gemacht und zwar ohne spezielle Begleitung oder Betreuung für Gehörlose.
Berthold hat sich schon immer im Gehörlosenverein engagiert und leitet dort seit vielen Jahren die Seniorenarbeit. So wunderte es die Zuhörer nicht, dass er seinen Vortrag gekonnt und mit viel Humor darbot. -
Der pensionierte Gehörlosenseelsorger Diakon Adam hatte zu Beginn der Veranstaltung die Zuhörer in der Gebärdensprache begrüßt und zu dieser „Muttersprache der Gehörlosen“ einige Erklärungen gegeben. Außerdem gab Günter Müller aus seiner über 40-jährigen Praxis als Gehörlosenlehrer einige Hinweise auf die Probleme gehörloser Kinder beim Erlernen des Sprechens.
Dann zeigte Diakon Adam einen Film vom taubblinden Diakon Peter Hepp, der für diese Behindertengruppe in unserer Diözese als Seelsorger zuständig ist. Peter ist verheiratet mit einer hörenden Frau und hat zwei hörende Kinder. Ohne die dauernde Assistenz von Frau Hepp und weiterer speziell ausgebildeter Personen, die ihm sämtliche Informationen in die Hand „schreiben“ (lormen), könnte er sich kaum in der Öffentlichkeit bewegen und seine Aufgaben wahrnehmen. Frau Hepp schilderte sehr eindrucksvoll die vielen Alltagsprobleme. Der Film zeigte aber auch, wie das Familienleben funktioniert und wie die beiden Kinder mit ihrem Papa umgehen und umgekehrt.
Herzlich dankend für die interessanten Darbietungen wünschte die Besuchergruppe den Gästen eine gute Heimfahrt in den Ostalbkreis.