Bericht vom Dämmerschoppen am 23. Oktober 2014


Dämmerschoppen“ erfährt Interessantes aus der Ortschronik

Wenn der Gastraum unseres „Dämmerschoppen-Lokals“ die Teilnehmer mal gerade so fassen kann, dann muss das Thema des schon wirklich ansprechend gewesen sein. Es waren nämlich zahlreich Neugierige gekommen, um zu erfahren, was unser Mitbürger Rudi Specht in den letzten Jahren so alles über frühere Untergriesheimer Geschehnisse oder Personen zusammengetragen hat.

Vermutlich war es für den Referenten äußerst schwierig, aus seinem immensen Fundus an Berichten, Zahlen, Bildern usw. etwas zum Vortragen auszusuchen. Er entschied sich für einige Abschnitte aus der Untergriesheimer Ortschronik. Die Titelseite dieses Buches trägt folgenden Text: „Untergriesheimer Ortschronik – Untergriesheim Oberamt Neckarsulm – Dorf und Gedänk Buch – angelegt auf anordnen des K. Oberamts durch Schultheiß Andreas Geiger im Jahre 1858“.

Auf diesen Schreiber der Chronik ging Rudi Specht zunächst ein, denn er ist sein Ur-Ur-Großvater (1809 – 1898) und er war von 1852 bis 1892 Schultheiß im Ort. Specht konnte darauf hinweisen, dass zwei weitere Anwesende Nachkommen dieses Mannes sind und dass insgesamt ein sehr weitverzweigtes, enges Geflecht an Verwandtschaftsbeziehung zu vielen heutigen hiesigen Familien besteht – viele wissen davon vermutlich gar nichts. Aber in Herrn Spechts PC läuft diese Nachforschung auf Hochtouren.

Am Beginn der Chronik berichtet der Verfasser über Ereignisse vor seiner Zeit und muss sich dabei auf alte Unterlagen stützen. Der Chronikschreiber schildert den Bau der großen Bogenbrücke (1829/20) über die Jagst und nennt die Kosten. Ihre Vorgängerin, eine Schiffbrücke, war 1784 von einem Hochwasser weggerissen worden. Dann folgte eine „Bockbrücke“, deren Holzbelag vor jedem Hochwasser herausgenommen und danach wieder aufgelegt werden musste.

Es hatte ein Erweiterung des „Gottesackers“, den Abriss der alten Cäcilienkirche und den Neubau der heutigen Pfarrkirche (1840) gegeben, „welche Kosten ganz aus der Stiftungskasse bestritten wurden“. Große Teile unserer Waldfläche (63 Morgen) wurden gerodet und zu Feld angelegt. Davon erhielten die „Gerechtigkeitsbesitzer“ genau festgelegte Anteile.

Im Jahr 1852 – Untergriesheim hatte damals etwa 400 Einwohner – sind 52 Personen nach Amerika ausgewandert. Die Überfahrtskosten trugen einige selbst, ansonsten der Staat oder die Gemeinde, die das eventuell zurückgelassene Vermögen erhalten hatte.

Ganz besondere Belastungen hatte der Ort zwischen 1813 und 1816 zu überstehen. In dieser Zeit waren über längere Zeitabschnitte Soldaten und Pferde einquartiert, deren Zahl manchmal ein Mehrfaches der hiesigen Bürger und Tiere betrug. Kaum zu glauben, welche Zuwendungen für die Besatzer von den Bürgern täglich aufzubringen waren. Unter solchen Ereignissen und unter manchmal äußerst ungünstigen Witterungsverhältnissen litt die Bevölkerung.

Stichwortartig berichtete Specht über den Straßenbau nach Herbolzheim und Heuchlingen, über die Verlegung und Verbreiterung der Ortsstraße, über den Umzug des Schulraumes ins frühere Rathaus, über Brunnengrabungen und Wasserversorgung, über einen verheerenden Wohnhausbrand, über die Einquartierung preußischer Besatzungstruppen (1866) und den Bau der Eisenbahn (1866-1869).

Die beiden nachfolgenden Gemeindevorsteher, Franz Josef Geiger (bis 1900) und Karl Josef Krebs (bis 1912) hatten ihr Augenmerk in der Chronik sehr stark auf die Situation der Bauern gelegt. Sie berichteten fast ausschließlich über für die Bauern günstige oder ungünstige Wetterereignisse. Ausnahmen die Jahre 1900/01, als es wieder Truppeneinquartierungen gab, und das Jahr 1905, als hier das erste Telefon eingerichtet wurde. --

Herr Specht beendete nach fast 90 Minuten seinen interessanten und ausführlichen Bericht über mehr als hundert Jahre Untergriesheimer Dorfgeschichte. Die Zuhörer hatten gespannt gelauscht und nutzten anschließend die Gelegenheit für Fragen. Gerne möchte man ein anderes Mal Rudi Specht wieder hören, dann wohl über Untergriesheimer Familiengeschichten. Man verabschiedete den Referenten mit großem Applaus und herzlichem Dank.

G. Müller, Vors.